Preisbegründung ToDo! Preis

Der folgende Text ist ein Auszug aus dem Artikel zur Preisbegründung im “Wettbewerb Sozialverantwortlicher Tourismus TO DO!2000” des Studienkreises für Tourismus und Entwicklung e.V., Kapellenweg 3, D-82541 Ammerland/Starnberger See, https://www.studienkreis.org/

Den vollständigen Artikel erreichen Sie unter http://www.todo-contest.org/pramierte-projekte/to-do-2000-kasapa-centre-ghana/

 

Presse-Information, Ammerland, 4. März 2001, Nr. 3a/2001

 Wettbewerb Sozialverantwortlicher Tourismus Preisträger beim TO DO!2000: zwei Westafrika-Projekte

Der Studienkreis für Tourismus und Entwicklung e.V., Ammerland, hat heute die Preisträger des internationalen Wettbewerbs für sozialverantwortlichen Tourismus bekannt gegeben. Der TO DO!2000 wurde im Rahmen der 35. Internationalen Tourismusbörse (ITB) in Berlin an zwei Bewerber aus Westafrika verliehen. Die Preisträger kommen aus Gambia und Ghana. Ein drittes potenzielles Gewinner-Projekt in Asien konnte der Überprüfung an Ort und Stelle nicht standhalten. “Damit ist erstmals eingetreten, was früher oder später zu erwarten war”, sagte Studienkreis-Vorsitzender Armin Vielhaber zu der Tatsache, dass eine vielversprechend klingende Bewerbung doch noch ausgeschieden ist. Über eine TO DO!-Auszeichnung werde nun einmal “nicht nach Aktenlage am grünen Tisch entschieden”, so Vielhaber weiter, “sondern erst nach einer eigens durchgeführten Projektrecherche.”

Ausgezeichnet – unter insgesamt 15 Bewerbern aus 14 Ländern und fünf Kontinenten – wurden das TUMANI TENDA ECO-TOURISM CAMP der Dorfgemeinschaft von Tumani Tenda, Gambia, und das Tourismusprojekt KASAPA CENTRE LTD. aus Nyanyano, bei Accra in Ghana.

Beide Projekte hätten sich “weitestgehend aus eigener Kraft und ohne wesentliche Beratung von außen in einem ganzheitlich sozialverantwortlichen Sinne entwickelt“, erklärte Studienkreis-Geschäftsführerin Dietlind von Laßberg. Besonders erfreulich sei, dass “mit der Preisvergabe nach Westafrika eine Region gewürdigt werden kann”, meinte von Laßberg, “die größere Aufmerksamkeit verdient hat.”

“Der TO DO!-Wettbewerb zeichnet sich dadurch aus, dass Mut gemacht wird”, so die Moderatorin des Rundschau Magazins Ursula Heller in ihrer Laudatio. “Die Preisträger sind hoffentlich Pilotprojekte, die in Westafrika stilbildend sein können: nicht westlich ist wesentlich, sondern ein Tourismus, der die eigene Tradition pflegt, das Selbstbewusstsein stärkt und sich nicht einem globalisierten Raster anpasst.”

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Um ein authentisches Afrika-Bild ist auch das KASAPA CENTRE bemüht, das von dem deutsch-ghanaischen Ehepaar Stemann-Acheampong betrieben wird und rund 40 Kilometer westlich der ghanaischen Hauptstadt Accra angesiedelt ist. KASAPA bedeutet “das Gespräch” oder “das gute Gespräch”, womit angedeutet ist, um was es bei diesem Projekt geht: um die interkulturelle Begegnung, um das nähere und tiefere Kennenlernen. Europäer können dabei ihre jahrhundertelang geprägten (latent kolonialen) Denkmuster korrigieren, Einheimische wiederum erfahren über die Wertschätzung, die ihrer Kultur entgegengebracht wird, eine Stärkung ihres Selbstbewusstseins und ihrer Identität.

KASAPA CENTRE hat sich, salopp formuliert, aus der touristischen “Trommelszene” entwickelt, ist aber dort nicht stehen geblieben, sondern hat sich in einer Form weiterentwickelt, die heute unter mehreren Gesichtspunkten ein Vorbild oder Modell ist:

Erstens bietet das seit 1996 existierende KASAPA CENTRE unverändert Trommel- und Tanz-Workshops an, die ein wesentliches nonverbales “Werkzeug” sind, um sich diesem Kontinent zu nähern, um sich vertraut zu machen und sich vertraut zu fühlen.

Zweitens bietet KASAPA CENTRE Reiseferien-Programme bzw. mehrtägige Ausflüge, die Einblicke und Erfahrungen in alte Traditionen ebenso ermöglichen wie sie das alltägliche Leben in Ghana transparent machen. Dies ist Kontakten zu verdanken, die das KASAPA CENTRE seit Jahren mit Dörfern im Hinterland gepflegt hat. Darüber hat sich KASAPA CENTRE für diese Dörfer allmählich aber auch zu einer Art “Consultant” entwickelt, dessen Rat zu touristischen Aspekten von den jeweiligen Chiefs und ihren Dorfgemeinschaften gefragt ist. Eine große Rolle spielt dabei die Fähigkeit von Kofi Acheampong, seine westlichen Erfahrungen (Ausbildung zum Hochbauingenieur, Aufenthalte im Ausland) mit seinen afrikanischen Wurzeln zu kombinieren; die Riten und Gebräuche zu kennen, zu beachten, die Sprachen der Dorfbevölkerung zu sprechen und die Einwohner in ihrem eigenen Weg zu bestärken; indirekt also einen “appropriate tourism” zu fördern – einen Tourismus, der den gegebenen Verhältnissen angemessen ist.

Drittens schließlich ist KASAPA CENTRE ein Vorbild, weil es zeigt, wie man mit moderner (westlicher) Umwelttechnik (Solarstrom, Komposttoiletten), einheimischen Materialien und der traditionellen Bauweise einen Standard erreichen kann, der den Bedürfnissen von westlichen Gästen genügen kann, für Entwicklungsländer aber – insbesondere in den Tropen – machbare, bezahlbare und funktionierende Lösungen bietet.

Äußerlich ähnelt KASAPA CENTRE einem kleinen Feriendorf, es liegt am Rande des Fischerstädtchens Nyanyano, ungefähr 40 Kilometer westlich von Accra, direkt am Meer. KASAPA CENTRE ist aber kein “exterritoriales Ghetto”, sondern so gut in das Gemeindeleben von Nyanyano integriert, dass es bis heute ohne abgrenzenden Zaun auskommt und offen zugänglich ist. Aus Nyanyano stammen auch die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, nach dort fließen (über die Gemeindekasse) erhebliche Geldmittel. So etwa die jährliche Pachtrate für das Gelände, KASAPA CENTRE engagiert sich aber auch bei Infrastrukturmaßnahmen (…)

Mit der Verwirklichung von KASAPA CENTRE ist eine touristische Konzeption gelungen, auf die man in Ghana stolz sein kann. Sie zeigt, wie afrikanische und europäische Denkweisen zu einer vorbildlichen Symbiose verschmelzen können. Es muss hier nichts “entwickelt” werden, hier bedarf es allenfalls der Unterstützung. Denn das KASAPA CENTRE ist eine Brücke – über die vor langer Zeit aufgerissenen Gräben.

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Verantwortlich für den Text: Klaus Betz

 

Im Zentrum der Wettbewerbskriterien des TO DO! für einen sozialverantwortlichen Tourismus stehen u.a. die Berücksichtigung unterschiedlicher Interessen der ortsansässigen Bevölkerung bei Planung und Durchführung von Tourismusprojekten. Sie soll durch aktive Partizipation der Einheimischen erfolgen. Dabei müssen für alle Beteiligten die Chancen und Risiken solcher Vorhaben transparent werden, ebenso das Ausmaß und die Streuung des wirtschaftlichen Nutzens. Zu den Kriterien des Wettbewerbs zählen ferner: die Gewährleistung der Attraktivität touristischer Arbeitsplätze sowie Vorsorgemaßnahmen zur Erhaltung und Stärkung der einheimischen Kultur.

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